Erwartungen an Führungskräfte

16.09.2023

Für verbesserten Lesefluss wird in diesem Text auf Gendern verzichtet. Selbstverständlich mögen sich alle Leser angesprochen und respektiert fühlen!

Erwartungen an Führungskräfte: Realistisch oder überzogen?

Ich habe eine These: Es gab schon mal bessere Zeiten, um Chef zu sein. Denn an Führungskräfte werden heute Erwartungen gestellt, die oft über ihre eigentlichen Kompetenzen hinausgehen. Das kann zu wahnsinnig viel Druck auf der Chefetage führen. Welche Erwartungen das sind und welche Konsequenzen die haben können, darüber spreche ich in diesem Artikel.

Welche Kompetenzen muss ein Chef haben?

Chef sein war natürlich noch nie ganz einfach. Deswegen ist ja auch nicht jeder Chef oder Chefin. Manche wollen nicht, andere können nicht. Grundsätzlich glaube ich, dass es diese Kompetenzen braucht, um Führungskraft zu sein:

Mitarbeiterführung

Das A und O und das, was einen Chef von den Mitarbeiter:innen unterscheidet: Er oder sie ist die Person, die die Richtung vorgibt und das Team führt. Dazu gehört viel Empathie, Menschenkenntnis und die Fähigkeit, andere zu motivieren.

Verantwortung übernehmen können

Irgendjemand muss am Ende die Entscheidung treffen - die Führungskraft. Das kann eine undankbare Aufgabe sein. Denn nicht immer sind alle einverstanden, wenn der Chef oder die Chefin etwas entscheidet, was auf langfristige Konsequenzen abzielt, kurzfristig aber auch schmerzhaft sein kann. 

Das auszuhalten und die Verantwortung dafür zu tragen ist etwas, was Führungskräfte können müssen.

Strategisches Denken

Prioritäten setzen, langfristige Pläne im Kopf haben und machbare Ziele definieren. Auch das gehört zu dem, was Führungskräfte können müssen. Klar, dass auch das Konfliktpotential birgt. 

Denn nicht immer gehen Pläne und Ziele des Unternehmens 1:1 einher mit den individuellen Perspektiven der Mitarbeitenden. 

Offene Kommunikation

Mitarbeiter:innen wollen in Prozesse mit eingebunden werden, um sich wertgeschätzt und gesehen zu fühlen. Chefs und Chefinnen tun deswegen gut daran, Entscheidungswege transparent zu kommunizieren und das Team auch um Feedback und persönliche Meinung zu bitten. 

Konstruktive Konfliktlösung

Konflikte können entstehen und Chefs müssen dazu in der Lage sein, diese zu erkennen und konstruktiv zu lösen. Zum Wohle des Unternehmens und zum Wohle der Mitarbeitenden. 

Das ist nicht immer einfach und oft braucht es dafür diplomatisches Geschick und Fingerspitzengefühl. Harmonie im Team sollte für Führungskräfte immer an erster Stelle stehen und alle Handlungen beeinflussen.

Wie hat sich die Erwartungshaltung der jungen Generation an Chefs verändert?

Das Phänomen existiert nun schon länger: Der Fachkräftemangel hält an und qualifizierte Arbeitnehmer:innen können sich aussuchen, wo sie arbeiten möchten. 

Das führt auch dazu, dass Führungskräfte sich an die Erwartungshaltung der jungen Generation anpassen müssen. Die hat nämlich oft ganz eigene Vorstellungen davon, was einen guten Chef ausmacht.

Konkret wünschen sie sich diese zusätzlichen Skills von ihren Chefs:

Mehr Coaching als Führung

Führungskräfte werden von der Gen Y und Z eher als Coach wahrgenommen, der oder die unterstützend und den Mitarbeiter:innen dienend fungiert. 

Die jungen Team-Mitglieder wünschen sich oft Mentoren an ihrer Seite und weniger eine Führungskraft, die zwar auch fördert, aber eben auch fordert und leitet. 

Daraus können Konflikte entstehen, wenn der oder die Mitarbeiter:in sich nicht genug gesehen und vielleicht auch nicht ausreichend repräsentiert fühlt, gegenüber den Interessen des Unternehmens.

Mehr Empathie und Austausch

Führungskräfte müssen in der Lage sein, sich in ihre Mitarbeiter:innen hineinzuversetzen und ihre Probleme und Fragen ernst nehmen. Laut einer Deloitte Studie von 2022 traut sich mehr als ein Drittel der Gen Z und der Millennials nicht, mit dem eigenen Arbeitgeber über Stress- oder Angstgefühle zu sprechen. 

Führungskräfte, die junge Mitarbeitende überzeugen und halten wollen, sollten deswegen auf offene Kommunikation im gesamten Team setzen und individuelle Bedürfnisse ernst nehmen.

Mehr Fokus auf Zufriedenheit

Laut einer Studie des Personaldienstleisters Zenjob legen junge Fachkräfte viel Wert auf Selbstverwirklichung im Job. 

Chefs tun daher gut daran, dies bei ihrem Führungsstil im Blick zu haben und bei Projekten auch immer wieder den Sinn dahinter in den Fokus zu rücken.


Welche Auswirkungen hat diese Erwartungshaltung auf die Führungskräfte?

Viele Chefs und Chefinnen fühlen sich angesichts der gestiegenen Erwartung an sie enorm unter Druck. Denn die Ansprüche kommen ja nicht nur aus der Mitarbeiterschaft. Auch das Unternehmen hat steigende Erwartungen an seine Chefetage, die erfüllt werden müssen.

Hier liegt das Dilemma und die große Herausforderung für Führungskräfte: Sie müssen sich angesichts der weltpolitischen und gesellschaftlichen Lage um viele große Krisen kümmern. Gleichzeitig die individuellen Bedürfnisse der Arbeitnehmer:innen ständig auf dem Schirm zu haben, da diese sich sonst zu wenig wertgeschätzt fühlen, führt zu einer anhaltenden Belastung. Dieser können viele Chefs zwangsläufig nicht gerecht werden- schließlich sind sie auch nur Menschen.

Junge Mitarbeiter:innen empfinden dadurch im Umkehrschluss oft keine große emotionale Bindung an ihre Arbeitgeber:innen und ziehen bei unzureichender Beachtung oder Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit viel schneller die Reißleine.

>>> Deswegen ist es so wichtig, Mitarbeiter zu motivieren. Mehr darüber kannst du in meinem Blogartikel nachlesen.


Fazit aus meiner Sicht der Dinge:

Es ist nicht leicht für Führungskräfte: Es allen recht zu machen und gleichzeitig den Druck auszuhalten. In der Konsequenz kann das dazu führen, dass sie sich vom Team ausgeschlossen fühlen und die eigene Arbeit als sehr belastend empfinden.

Ich finde es daher wichtig, dass Wertschätzung keine Einbahnstraße ist: Sie sollte von Chefs den Mitarbeiter:innen entgegengebracht werden. Gleichzeitig sollten diese aber auch die Leistung der Führungskräfte auf dem Schirm haben und entsprechend wertschätzen. Und das passiert leider oft viel zu wenig.

In meinem Coaching für Führungskräfte geht es deswegen nicht nur darum, ein besserer Chef zu sein und damit das Team effizienter zu führen. Es geht auch darum, die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und anzuerkennen und ein Umfeld zu schaffen, in dem auch Chefs die nötige Wertschätzung erfahren. 

Wie siehst du das? Hast du die gestiegene Erwartungshaltung an Chefs selber schon wahrgenommen und wie bewertest du sie? Ich freue mich auf deinen Kommentar!